Historischer Sonnensturm ausgewertet

D-USYS

Ein aussergewöhnlich starker Sonnensturm könnte die Wintertemperaturen in Europa und Russland um drei Grad Celsius reduzieren und die UV-Strahlung signifikant erhöhen.

von Thomas Peter
Vergrösserte Ansicht: Massenauswurf der Sonne. Foto: Satellit Soho Nasa Solar Dynamics Observatory
Massenauswurf der Sonne. Foto: Satellit Soho Nasa Solar Dynamics Observatory

Zu dieser Erkenntnis kommen Wissenschaftlerinnen  und Wissenschaftler aus sechs Ländern, nachdem sie den stärksten bekannten Sonnensturm aus den vergangenen elftausend Jahren ausgewertet haben: einen Sturm im Jahr 774. Sonnenstürme sind sporadische Ereignisse, die durch kraftvolle Eruptionen Milliarden von Tonnen (~1016 g) heissen Wasserstoffplasmas in den Weltraum schleudern. Sie können die Erde treffen und auf unterschiedliche Weise beeinflussen. Tausende Sonnenstürme wurden in den letzten Jahrzehnten beobachtet, doch nur einige davon wurden als gefährlich eingestuft.

Würde ein ähnlich schwerer Sturm wie derjenige aus dem Jahr 774 n. Chr. heute stattfinden, könnte schlagartig ein grosser Teil unserer satellitengestützten Telekommunikations- und Navigationssysteme zusammenbrechen und das Stromnetz weltweit für Monate lahmgelegt werden. Doch was bedeuten solche Millenniumsstürme für die Erdatmosphäre und das Erdklima?

Ein Sturm aus der Vergangenheit

Ein internationales Team mit insgesamt elf Gruppen aus sechs Ländern (Australien, Finnland, Italien, Japan, Russland, Schweiz), unter der Leitung von Forschenden aus der Schweiz und Finnland, hat diese Fragen auf der Basis des stärksten bekannten Sonnensturms, wahrscheinlich im Frühherbst des Jahres 774, untersucht. Für diesen Sturm stehen natürlich keine direkten Messungen zur Verfügung. Als Datenquellen wurden radioaktive Beryllium-Isotope (10Be) in arktischen und antarktischen Eisbohrkernen sowie radioaktiver Kohlenstoff (14C) in Baumringen genutzt.

Mit seiner Analyse hat das Team den aussergewöhnlich starken Sonnensturm von 774 als «Worst-Case-Szenario» für die Gefahr der Sonneneruptionen auf einer Zeitskala von zehntausend Jahren genutzt. Daraus ergibt sich eine starke empirische Begrenzung der Risikoabschätzung schwerwiegender Sonnenstürme.

Wetterveränderung während eines Jahres wahrscheinlich

Mit einer Rekonstruktion des solaren Bombardements durch diesen schweren Sturm und mit modernsten numerischen Modellen hat das Team die möglichen atmosphärischen und klimatischen Auswirkungen ausgewertet und gezeigt, dass die stratosphärische Ozonschicht in den polaren Regionen für etwa ein Jahr um 10-20% reduziert wird. Dementsprechend steigt der Level der gesundheitsschädlichen UV-Strahlung an.

Durch den Ozonverlust wird auch die dynamische Kopplung zwischen Stratosphäre und Troposphäre gestört, was das Wetter in der nördlichen Hemisphäre beeinflusst. Erwartet werden regionale Veränderungen der Kontinentaltemperaturen von +/-3 Grad Celsius während der Winterzeit.

Zwar sind diese Temperaturveränderungen nur von kurzer Dauer jedoch können sie einen erheblichen Einfluss auf Vegetation, Permafrostschmelze, Lawinen oder Erdrutsche haben. Da die Veränderungen jedoch auf ein bis zwei Jahre beschränkt bleiben, konnten die Autoren erstmals das davon ausgehende Gefahrenpotential begrenzen.

Sukhodolov, T., I.G. Usoskin, E. Rozanov, E. Asvestari, W. Ball, M.A.J. Curran, H. Fischer, G. Kovaltsov, F. Miyake, T. Peter, C. Plummer, M. Severi, W. Schmutz, R. T, externe SeiteAtmospheric impacts of the strongest known solar particle storm of 775 AD, Sci. Rep., 7, 45257 2017 (doi: 10.1038/srep45257)  

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